Die betriebliche Altersvorsorge (bAV) ist ein wichtiger Baustein des deutschen Rentensystems und bietet sowohl Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern attraktive Vorteile. Seit der Einführung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes 2018 haben sich die Rahmenbedingungen deutlich verbessert. Wir zeigen Ihnen, wie Sie das Maximum aus Ihrer Betriebsrente herausholen können.
Was ist die betriebliche Altersvorsorge?
Die betriebliche Altersvorsorge ist eine Zusatzversorgung, die über den Arbeitgeber organisiert wird. Sie ergänzt die gesetzliche Rente und die private Altersvorsorge als zweite Säule des Drei-Säulen-Modells. Dabei zahlt der Arbeitgeber für seine Mitarbeiter in eine Versorgungseinrichtung ein, die später eine Rente oder eine Kapitalleistung auszahlt.
Die fünf Durchführungswege
Es gibt fünf verschiedene Wege, wie eine betriebliche Altersvorsorge durchgeführt werden kann:
1. Direktversicherung
Die häufigste Form der betrieblichen Altersvorsorge:
- Der Arbeitgeber schließt eine Lebensversicherung auf das Leben des Arbeitnehmers ab
- Einfache Handhabung und Verwaltung
- Versicherungsaufsicht schützt die Ansprüche
- Portabilität bei Arbeitgeberwechsel
- Sofortige Unverfallbarkeit der Ansprüche
2. Pensionskasse
Rechtlich selbstständige Versorgungseinrichtung:
- Oft branchenspezifisch organisiert
- Überschussbeteiligung möglich
- Aufsicht durch Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
- Kollektive Risikoverteilung
3. Direktzusage (Pensionszusage)
Direkter Versorgungsvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer:
- Arbeitgeber steht direkt für die Leistung ein
- Schutz durch Pensions-Sicherungs-Verein (PSV)
- Flexibel gestaltbar
- Meist nur in größeren Unternehmen
4. Unterstützungskasse
Rechtlich selbstständige Versorgungseinrichtung des Arbeitgebers:
- Keine Beitragsbegrenzung
- Flexible Leistungsgestaltung
- Schutz durch PSV
- Meist für Führungskräfte
5. Pensionsfonds
Kapitalmarktorientierte Anlage:
- Höhere Renditechancen durch Aktienanlagen
- Entsprechend höhere Risiken
- Aufsicht durch BaFin
- Noch nicht weit verbreitet
Entgeltumwandlung: Der Klassiker
Die Entgeltumwandlung ist die bekannteste Form der betrieblichen Altersvorsorge. Dabei wandelt der Arbeitnehmer einen Teil seines Bruttogehalts in eine Betriebsrente um.
Vorteile der Entgeltumwandlung
- Steuervorteile: Beiträge sind bis zu bestimmten Grenzen steuerfrei
- Sozialversicherungsersparnis: Keine Sozialabgaben auf umgewandelte Beträge
- Arbeitgeberzuschuss: Mindestens 15% seit 2019 (Neuvverträge) bzw. 2022 (Altverträge)
- Rechtsanspruch: Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Entgeltumwandlung
Förderrahmen 2024
Die steuer- und sozialversicherungsfreien Höchstbeträge:
- Steuerfreiheit: 8% der BBG West (2024: 7.008 Euro)
- Sozialversicherungsfreiheit: 4% der BBG West (2024: 3.504 Euro)
- Zusätzlich: 1.800 Euro für Riester-zertifizierte Verträge
Das Betriebsrentenstärkungsgesetz
Seit 2018 gelten neue Regelungen, die die betriebliche Altersvorsorge attraktiver machen:
Arbeitgeberzuschuss
Der Arbeitgeber muss einen Zuschuss zahlen:
- Höhe: Mindestens 15% des umgewandelten Entgelts
- Grund: Ersparnis bei Sozialversicherungsbeiträgen
- Neue Verträge: Seit 2019 verpflichtend
- Altverträge: Seit 2022 verpflichtend
Sozialpartnermodell
Neues Modell für Tarifverträge:
- Reine Beitragszusage ohne Garantien
- Höhere Renditechancen durch Aktienanlagen
- Kollektive Risikoverteilung
- Noch nicht weit verbreitet
Vor- und Nachteile der Betriebsrente
Vorteile
- Steuer- und Sozialversicherungsvorteile: Sofortige Ersparnis
- Arbeitgeberzuschuss: Zusätzliches Geld vom Arbeitgeber
- Rechtsanspruch: Jeder Arbeitnehmer kann Entgeltumwandlung nutzen
- Insolvenzschutz: Schutz vor Arbeitgeberinsolvenz
- Keine Anrechnung: Grundsicherung wird nicht gekürzt
Nachteile
- Nachgelagerte Besteuerung: Rente wird voll versteuert
- Krankenversicherung: Auf Betriebsrente werden KV-Beiträge fällig
- Geringere gesetzliche Rente: Niedrigere Beiträge = niedrigere Rente
- Eingeschränkte Verfügbarkeit: Vorzeitige Verfügung meist nicht möglich
Rechenbeispiel: Lohnt sich die Entgeltumwandlung?
Ausgangssituation:
- Bruttogehalt: 4.000 Euro monatlich
- Entgeltumwandlung: 200 Euro monatlich
- Arbeitgeberzuschuss: 15% = 30 Euro
- Gesamtbeitrag: 230 Euro monatlich
Ersparnis heute:
- Steuerersparnis (25% Steuersatz): 50 Euro
- Sozialversicherungsersparnis (20%): 40 Euro
- Arbeitgeberzuschuss: 30 Euro
- Gesamtersparnis: 120 Euro
- Effektiver Eigenbeitrag: 80 Euro
Leistung im Alter:
- Eingezahlte Beiträge (30 Jahre): 82.800 Euro
- Monatliche Rente (geschätzt): 180 Euro
- Steuern und KV-Beiträge: ca. 35 Euro
- Nettorente: ca. 145 Euro
Optimierung der Betriebsrente
Tipps für Arbeitnehmer
- Arbeitgeberzuschuss prüfen: Wird der Mindestbeitrag gezahlt?
- Kosten vergleichen: Unterschiedliche Anbieter haben verschiedene Gebühren
- Anlageform wählen: Fonds- vs. klassische Anlage
- Dynamik vereinbaren: Automatische Beitragserhöhungen
- Hinterbliebenenversorgung: Schutz für Partner und Kinder
Tipps für Arbeitgeber
- Pauschaldotierung: Steuerfreie Zuschüsse für Geringverdiener
- Gruppenverträge: Bessere Konditionen durch Kollektivität
- Kommunikation: Mitarbeiter über Vorteile informieren
- Beratung anbieten: Fachkundige Unterstützung
Betriebsrente bei Jobwechsel
Was passiert mit der Betriebsrente beim Arbeitgeberwechsel?
Übertragung zum neuen Arbeitgeber
- Möglich bei Direktversicherung und Pensionskasse
- Neuer Arbeitgeber muss zustimmen
- Vorteil: Kontinuierliche Besparung
Privatversicherung
- Übernahme als private Versicherung
- Keine Steuervorteile mehr
- Beitragszahlung aus versteuerten Einkommen
Beitragsfrei stellen
- Vertrag ruht bis zur Rente
- Niedrigere Versorgungsleistung
- Verwaltungskosten mindern das Guthaben
Neue Entwicklungen
Digitalisierung
Die Digitalisierung verändert auch die betriebliche Altersvorsorge:
- Online-Portale für Verwaltung
- Apps für Übersicht und Verwaltung
- Automatisierte Prozesse
- Künstliche Intelligenz in der Beratung
Nachhaltige Geldanlage
ESG-Kriterien gewinnen an Bedeutung:
- Nachhaltige Investmentfonds
- Ausschluss bestimmter Branchen
- Positive Umwelt- und Sozialwirkung
- Langfristig stabilere Renditen
Häufige Fehler vermeiden
- Zu niedrige Beiträge: Förderrahmen nicht ausschöpfen
- Keine Dynamik: Inflation macht Beiträge wertlos
- Fehlende Hinterbliebenenversorgung: Familie nicht abgesichert
- Kosten ignorieren: Hohe Gebühren schmälern die Rendite
- Mangelnde Information: Vorteile nicht bekannt
Zukunft der betrieblichen Altersvorsorge
Die betriebliche Altersvorsorge wird weiter an Bedeutung gewinnen:
- Tarifvertragliche Lösungen: Mehr Sozialpartnermodelle
- Automatische Teilnahme: Opt-out statt Opt-in
- Flexible Modelle: Anpassung an moderne Arbeitswelt
- Höhere Beitragsgrenzen: Mehr Spielraum für Entgeltumwandlung
Fazit
Die betriebliche Altersvorsorge ist ein wichtiger Baustein für eine sichere Altersvorsorge. Durch die Verbesserungen des Betriebsrentenstärkungsgesetzes ist sie attraktiver geworden. Besonders der verpflichtende Arbeitgeberzuschuss macht die Entgeltumwandlung für viele Arbeitnehmer interessant.
Wichtig ist eine individuelle Betrachtung: Nicht für jeden ist die Entgeltumwandlung optimal. Faktoren wie Einkommen, Familienstand, Steuersatz und geplante Rentenhöhe spielen eine Rolle.
Lassen Sie sich von unseren Experten beraten, um die optimale Lösung für Ihre betriebliche Altersvorsorge zu finden. Wir analysieren Ihre individuelle Situation und entwickeln gemeinsam eine maßgeschneiderte Strategie.